Ein Interview mit Keith Geaney, Deutsch-Englisch Übersetzer
Viele Menschen, die Übersetzer werden, spüren schon früh, dass sich ihr zukünftiger Beruf um Sprachen drehen wird. So erging es auch Keith Geaney, Übersetzer für Deutsch-Englisch und Absolvent der Rechtswissenschaften.
In diesem Interview erzählt Keith, was ihn dazu motiviert hat, Sprachexperte zu werden, und wie er zum internen Deutsch-Englisch-Übersetzer bei SwissGlobal geworden ist.
Keith, du bist Übersetzer für Deutsch-Englisch und Französisch-Englisch. Was hat dich dazu bewogen, Übersetzer zu werden?
Es war so gut wie ausgemacht, dass ich es in irgendeiner Form mit Sprachen zu tun haben werde. Schon als Kind war ich vom Konzept der verschiedenen Sprachen fasziniert. Ich las die Anleitungen auf den Schachteln meiner Spielsachen in Sprachen wie Finnisch, nur um zu sehen, wie sehr sie sich vom Englischen unterschieden.
Mein erster «professioneller» Übersetzungsauftrag, für den ich bezahlt wurde und der von einem unabhängigen Kunden kam, war ein Rezept für Apfelkuchen, als ich siebzehn Jahre alt war.
Mein Deutschlehrer, Herr Hopkins, ermutigte mich, diesen Weg einzuschlagen, und vermittelte mir sogar einen weiteren Kunden, als ich noch Schüler war. Ich glaube, mit diesem Auftrag habe ich eine persönliche Bestzeit aufgestellt, die bis heute steht: 17’000 Wörter über das Wochenende!
Dann liess ich mich vom glamourösen Bild des siegreichen Fernsehanwalts überzeugen und beschloss, Jura zu studieren. Auch wenn das nicht direkt zu meinen Kernkompetenzen gehörte, hat sich der Abschluss in Rechtswissenschaften seitdem als äusserst hilfreich erwiesen – juristische Übersetzungen sind ein faszinierendes und ziemlich rezessionssicheres Fachgebiet. Nach dem Studium habe ich eine Zeit lang in London als Teilzeitmitarbeiter gearbeitet. Es stellte sich heraus, dass einer dieser Teilzeitjobs für eine grosse Übersetzungsagentur war. Aus einem zweiwöchigen Einsatz wurde ein Monat, aus einem Monat wurden drei Monate, und aus drei Monaten wurde ein unbefristetes Stellenangebot. Zum ersten Mal in meinem Berufsleben hatte ich wirklich Spass an dem, was ich tat.
Wie sieht für dich ein normaler Arbeitstag als Übersetzer aus?
Jetzt, wo ich als Inhouse-Übersetzer bei SwissGlobal angestellt bin, ist mein Tagesablauf viel geregelter als damals als Freiberufler. Ich komme gegen 08:00 Uhr ins «Büro» (ich arbeite von zu Hause aus) und prüfe meine E-Mails, um zu sehen, ob etwas Dringendes eingetroffen ist, das umgehend bearbeitet werden muss. Dann gibt es eine kurze morgendliche Besprechung mit den anderen internen Übersetzern und den Projektmanagern, damit wir uns gegenseitig über anstehende Arbeiten und freie Kapazitäten informieren können.
Den Rest des Tages verbringe ich meist damit, Aufträge zu übersetzen oder Korrektur zu lesen, wenn sie eintreffen. Ich behalte meine E-Mails und mein Teams-Chat-Fenster stets im Auge, falls meine Kollegen Fragen oder Wünsche haben. Seit ich im Unternehmen arbeite, habe ich die Möglichkeit, Projekte zu übernehmen, mit denen ich als Freiberufler nie in Berührung gekommen wäre, z. B. die Untertitelung von Videos und die Überprüfung von maschinellen Transkripten von Geschäftsbesprechungen, die von Spracherkennungssoftware erstellt werden.
Welche sprachlichen Besonderheiten gibt es bei einer Deutsch-Englisch Übersetzung? Welche besonderen Merkmale weisen diese beiden Sprachen auf?
Das Deutsche und das Englische unterscheiden sich in struktureller Hinsicht erheblich. Im Gegensatz zu anderen Sprachen, wie z. B. dem Französischen, kann man bei einer Deutsch-Englisch Übersetzung die Syntax nicht mehr oder weniger beibehalten. Die Gefahr ist, dass der Text entweder schnell bedeutungslos wird oder dass wie Yoda du klingen wirst. Deutsche Adjektive stimmen auch mit Substantiven überein, was im Englischen nicht der Fall ist (mit der möglichen Ausnahme von «blond»/«blonde»), daher muss man bei der Übersetzung darauf achten, dass man das richtige Adjektiv mit dem richtigen Substantiv verbindet. Dieses System adjektivischer Endungen macht die Wortstellung im Deutschen flexibler, was im Englischen nicht zwingend der Fall sein muss. Manchmal muss man die Reihenfolge der Wörter komplett umstellen, um ein grammatikalisch korrektes Ergebnis im Englischen zu erhalten.
Eine weitere Besonderheit der Übersetzung aus dem Deutschen ins Englische ist die Vorliebe der deutschen Sprache für Abkürzungen. Gesetze, Verordnungen, Bildungseinrichtungen, Kulturerbestätten, Sportgrössen und mehr haben ihre eigenen Abkürzungen. Für einige davon gibt es englische Entsprechungen, für andere nicht (in solchen Fällen lasse ich sie so, wie sie sind, und füge anschliessend eine Erläuterung hinzu). Einige sind in der Tat sehr unklar, weshalb in der Regel eine Suche in Online-Glossaren, Terminologiedatenbanken und ähnlichen Dokumenten unumgänglich sind, um ein wenig mehr Kontext zu erhalten.
Wie stehst du als professioneller Übersetzer zu künstlicher Intelligenz (KI) und maschineller Übersetzung (MÜ)?
Dies ist offensichtlich ein sehr aktuelles Thema, da wir in eine Ära eintreten, in der der Einfluss der künstlichen Intelligenz bei der Erstellung von Inhalten für Diskussionsstoff sorgt. Ich persönlich bin der Meinung, dass wir jetzt einen eigenen Begriff für «maschinelle Übersetzung» brauchen, der das Wort «Übersetzung» gar nicht enthält, denn «Übersetzung» und «maschinelle Übersetzung» verfolgen letztlich unterschiedliche Ziele. Das unvermeidliche Risiko besteht darin, dass die beiden Produkte als gleichwertig vermarktet werden, was aber nicht der Fall ist, wie wir in den letzten zwei bis drei Jahren festgestellt haben.
Eine Übersetzung ist dann sinnvoll, wenn man ein Endprodukt benötigt, das den Inhalt und die Bedeutung des Originalmaterials mit absoluter Genauigkeit, unmissverständlich, nahtlos auf den Zielmarkt zugeschnitten und in einem reibungslosen und völlig natürlichen Stil wiedergibt. Dabei geht um wichtige Dinge wie Dokumente zur Schaffung von Rechtsbeziehungen oder Produktspezifikationen, bei denen der kleinste Fehler sehr viel Geld kosten kann. Denn wenn man die Zeit und das Budget aufwendet, um die Arbeit von erfahrenen, qualifizierten Fachleuten ausführen zu lassen, weiss man, wie wichtig ein einwandfreies Ergebnis ist.
Die maschinelle Übersetzung ist nützlich, wenn man den allgemeinen Inhalt eines Dokuments kennen muss, insbesondere wenn man ein grosses Volumen an Ausgangstext, eine knappe Bearbeitungszeit und ein begrenztes Budget hat. Wenn man für die interne Entscheidungsfindung eine Version der Dokumente in einer Sprache benötigt, die man selbst und die Kollegen versteht, und man schnell vorankommen muss, ist die maschinelle Übersetzung vielleicht genau das Richtige.
Es liegt auf der Hand, dass diese beiden Dienstleistungen auf zwei völlig unterschiedliche Märkte ausgerichtet sind. Natürlich kann ein Unternehmen zu verschiedenen Zeitpunkten Bedarf an beidem haben, aber es sollte in der Lage sein, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, wie es sein Budget in jedem einzelnen Fall investieren will. Derzeit werden diese Unternehmen nicht von allen Agenturen informiert, die maschinelle Übersetzungen als gleichwertig mit menschlichen Übersetzungen verkaufen, nur günstiger.
Dies betrifft nicht nur die Kunden. Freiberufliche Übersetzer werden manchmal gebeten, eine maschinelle Übersetzung zu überarbeiten und ein Ergebnis zu liefern, das von selber Qualität ist wie eine von Grund auf selbst angefertigte Übersetzung (also ein Prozess, der genauso zeitaufwändig ist wie die eigentliche Übersetzung), und werden für dieses Privileg wesentlich schlechter bezahlt. Als ich noch freiberuflich tätig war boten mir die Agenturen, die mich für das Post-Editing maschineller Übersetzungen kontaktierten, zwischen 35 % und 45 % meines regulären Übersetzungstarifs für diese Arbeit an. Die Kunden müssen von Sprachdienstleistern darüber aufgeklärt werden, dass das Produkt, für das sie bezahlen, wenn sie eine maschinelle Übersetzung in Auftrag geben, nicht perfekt sein wird, und die Erwartungen an die Übersetzer in Bezug auf die Exaktheit entsprechend gesenkt werden müssen, damit die Übersetzer weniger Zeit für diese Projekte aufwenden und ihre Produktivität und ihre Verdienstmöglichkeiten verbessern können.
Welchen Rat würdest du einem jungen Übersetzer geben, der in der Sprachbranche anfängt?
Glaube zuallererst an dich selbst. Du verfügst über vermarktbare Sprachkenntnisse und sehr wahrscheinlich über eine Qualifikation in der Übersetzungsbranche, also musst du dich als Fachkraft vermarkten. Das bedeutet, dass du dich weigerst mit Agenturen zusammenzuarbeiten, die unangemessen tiefe Preise anbieten oder unrealistische Terminvorstellungen haben.
Viele Übersetzer beginnen damit, alle Übersetzungsbüros, deren Kontaktdaten sie finden können, kurz per Mail zu kontaktieren. Es ist aber auch sinnvoll , von Anfang an Direktkunden zu akquirieren. Diese Kunden haben vielleicht weniger regelmässige Aufträge, arbeiten aber eher mit einem einzigen vertrauten Partner über einen längeren Zeitraum zusammen. Je nach Fachgebiet kannst du dich an Anwaltskanzleien, Krankenhäuser, Banken, Einzelhändler usw. wenden.
Der letzte Rat, den ich geben möchte, ist, nicht in die «Qualitäts»-Falle zu tappen. Der Übersetzungsmarkt ist überschwemmt mit Freiberuflern und Dienstleistern, deren einziges Marketing-Argument die Qualität ihrer Arbeit ist. Der Begriff «Qualität» wird so oft wiederholt, dass er schliesslich an Bedeutung verliert. Spreche nicht über die Qualität deiner Arbeit, sondern darüber, was deine Übersetzungen deinem Kunden bringen: eine bessere Marktreichweite, ein professionelleres Image, eine höhere Kundenbindung usw. Je greifbarer der Nutzen für die Kunden ist, den du ihnen bieten kannst, desto eher werden sie mit dir zusammenarbeiten. Viel Glück!
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