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Rechtsübersetzungen – Wie man die Hürden juristischer Fachübersetzungen sicher überwindet

Fachübersetzungen im Bereich Recht setzen neben sprachlichem Wissen und exzellenten Recherchefähigkeiten ein hohes Mass an juristischer Expertise und rechtsvergleichendem Können voraus.

Viele Übersetzungsbüros bieten eine breite Palette von Sprachdienstleistungen an, darunter oft auch juristische Fachübersetzungen. Was unterscheidet aber eine Rechtsübersetzung von anderen Fachübersetzungen? Worauf sollte man achten, wenn man eine Übersetzungsagentur mit einer Übersetzung juristischer Texte beauftragt?

Was ist eine Rechtsübersetzung?

Einfach gesagt: eine juristische Fachübersetzung, also eine Übersetzung eines juristischen Textes. Das eröffnet ein weiteres Feld, als man zunächst erwarten würde. Eine Fachübersetzung in diesem Bereich bezieht sich nämlich auf weit mehr als auf Verträge, Gerichtsentscheide, Rechtsgutachten, AGB oder Statuten. Auch Arbeitsverträge, Compliance-Richtlinien oder Unterlagen zur Patientenaufklärung – um nur drei zu nennen – enthalten rechtliche Verweise und Regelungen.

Mehr als nur Recht

Beispiele wie Arbeitsverträge oder Patientenaufklärung zeigen auch, warum Rechtsübersetzende sich nicht nur im Recht auskennen müssen: Die Übersetzung von Arbeitsverträgen erfordert auch gute HR-Kenntnisse, und eine Patientenaufklärung kann nur korrekt übersetzt werden, wenn die darin beschriebenen medizinischen Verfahren verstanden werden. Ob in Verträgen, Gerichtsurteilen, Statuten oder Compliance-Richtlinien: Meist geht es um die rechtliche Einordnung von nicht-rechtlichen Sachverhalten. Spezialisierte Rechtsübersetzer müssen daher in der Lage sein, sich in kürzester Zeit in fremde Fachgebiete und Terminologie einzuarbeiten.

Die Rechtsordnung und ihre Sprache(n)


Grundsätzlich gibt es zwei Szenarien bei juristischen Übersetzungen:

1.    Eine Rechtsordnung mit mehreren Sprachen

In diesem Szenario hat die Rechtsordnung mehrere gleichberechtigte Sprachen. Beispiele: die Schweiz, Belgien, die EU oder die UNO. Die Rechtsordnungen von Ausgangs- und Zieltext sind aber dieselben. Hat eine Rechtsordnung mehrere Sprachen, so beziehen diese sich trotzdem auf denselben Gegenstand. Beim Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) kann man daher davon ausgehen, dass «Verlobung» dasselbe bedeutet wie «Contrat de fiançailles», «promessa nuziale» und «Empermischun da lètg».

Bei offiziellen Sprachen müssen die Übersetzenden dabei darauf achten, auch wirklich die Wörter der jeweiligen Sprachversion zu verwenden. Bei aller inhaltlichen Nähe wäre eine Übersetzung von «Verlobung» mit «fidanzamento» falsch, da die italienische Version des ZGB eben die Benennung «promessa nuziale» verwendet. Eine andere Terminologie würde Verwirrung stiften und zu Missverständnissen führen.

Es muss daher erkannt werden, welche Termini festgelegt sind und welche zufällig gebraucht werden. Hierzu bedarf es eines feinen Gespürs, das durch entsprechende Terminologiedatenbanken entscheidend unterstützt werden kann. In der Praxis ist dies etwa bei Gerichtsurteilen relevant. Hier ist immer wieder neu zu entscheiden, welche Formulierung von der entscheidenden Instanz stammt und welche aus den jeweiligen Rechtsvorschriften.

Einen Sonderfall bilden die nach der Europäischen Sprachencharta anerkannten Regional- und Minderheitensprachen. Hier liegen die Rechtsquellen oft nicht in der jeweiligen Sprache vor. Es besteht aber ein Recht zur Verwendung dieser Sprachen in rechtlichen Verfahren. Übersetzungen in diesem Bereich erfordern oft grosse Kreativität, die u. a. auf einer genauen Kenntnis der Strukturen und Wortbildungseigenheiten der beteiligten Sprachen und rechtlichen Vorstellungen basiert.

2.    Mehrere Rechtsordnungen mit mehreren Sprachen

Im zweiten Szenario handelt es sich meist um grenzüberschreitende Sachverhalte, wobei sich die Rechtsordnungen von Ausgangs- und Zieltext unterscheiden. Gehören die Sprachen von Ausgangs- und Zieltext unterschiedlichen Rechtsordnungen an, so hat dies ebenfalls direkte Auswirkungen auf den Übersetzungsprozess. Hier ist weniger das Erkennen gegebener Terminologie ein Problem als die Suche nach Vergleichbarkeiten auf der Begriffsebene. Rechtsinstitute verschiedener Rechtsordnungen entsprechen einander in der Regel nicht, weshalb man mit Fug und Recht behaupten kann, dass Rechtsübersetzen ohne Rechtsvergleich unmöglich ist.

Aber auch innerhalb eines Staats kann dieser Fall auftreten, wie etwa im Spezialfall Kanada: Dort ist die Rechtsordnung in den englischsprachigen Provinzen vom Common Law geprägt, wohingegen das Privatrecht der französischsprachigen Provinz Québec kontinentalrechtlich geprägt ist.

Die Funktion der Rechtssprache – und seine Folgen

Sprache hat im Recht eine besondere Funktion. Und das wirkt sich auch auf das Übersetzen aus. In den Natur- und Ingenieurwissenschaften wird Sprache benutzt, um zu beschreiben «was ist». In den Geisteswissenschaften hingegen – und damit auch im Recht – entstehen die Dinge erst, wenn sie beschrieben werden. Die Sprache erschafft hier die Dinge. Anders als etwa in der Medizin oder in der Technik kann man bei den Geisteswissenschaften nicht auf etwas zeigen und sagen «das meine ich». Man muss immer durch Sprache erklären, was gemeint ist.

Das hat zur Folge, dass man zwar ohne Kontext nachschauen kann, ob mit «Tulpe» dasselbe bezeichnet wird wie mit «tulip», nicht aber, ob mit «Equity» das Wort «Eigenkapital» oder «Gerechtigkeit» gemeint ist. Die Folge ist, dass der Rechercheaufwand bei Rechtsübersetzungen häufig höher ist als bei natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Übersetzungen.

Oft ähnlich, nie gleich – Rechtstermini in verschiedenen Sprachen

Die Tatsache, dass rechtliche Begriffe reine Gedankenkonstrukte sind, hat konkrete Folgen. Das Wort „robo“ in einem spanischen Urteil kann nie einen Raub bezeichnen, sondern einzig das im spanischen «Código Penal» definierte Delikt. Denn «robo» in Spanien und «Raub» in der Schweiz sind unterschiedliche Konzepte. So fallen in Spanien auch Verhaltensweisen unter «robo», bei denen Gewalt gegen Personen und Sachen ausgeübt wurde. Der Raub nach Artikel 140 des Schweizer Strafgesetzbuch (StGB) sieht aber nur Gewalt gegen Personen als entsprechendes Tatbestandsmerkmal vor. Bei Gewalt gegen Sachen greift der Artikel 139 StGB (Diebstahl), gegebenenfalls in Tateinheit mit einer Sachbeschädigung nach Artikel 144 StGB.

Aus diesem Grund wird «robo» in Wörterbüchern oft sowohl mit «Diebstahl» als auch mit «Raub» übersetzt – und deshalb helfen auch Online-Wörterbücher ohne rechtsvergleichende Expertise nicht weiter. Ein einfacher Ausweg aus diesem Dilemma kann sein, das spanische «robo» im Deutschen mit «Robo» wiederzugeben und bei der ersten Verwendung «nach Art. 237 ff. des spanischen Strafgesetzbuchs Código Penal» hinzuzufügen.

Finden sich im Text keine weiteren Erläuterungen zu der Art des Deliktes, müsste man dies in der Übersetzung ebenfalls berücksichtigen. Ziel der Übersetzung ist ja, dass deren Leser dasselbe verstehen wie die Adressatinnen und Adressaten des Originals. Konkret könnte man dann beispielsweise beim ersten Auftreten des Wortes eine erklärende Formulierung verwenden, dabei eine Kurzform einführen und diese dann im weiteren Verlauf des Textes verwenden. Bei einem Diebstahl mit Sachbeschädigung also etwa: «Diebstahl mit Gewalt an Sachen nach Art. 237 des spanischen Código Penal (im Folgenden: qualifizierter Diebstahl)».

Rechtstexte und maschinelle Übersetzung

Seit dem qualitativen Sprung durch den Einsatz neuronaler maschineller Übersetzungssysteme lesen sich die Ergebnisse flüssig wie nie zuvor. Auch inhaltlich hat man manchmal das Gefühl, die Maschine habe «verstanden» was gemeint ist. Die Natürlichkeit des Outputs verführt oft dazu, anzunehmen, dass auch inhaltlich alles in Ordnung sei.

Das ist aber gerade bei rechtlichen Übersetzungen problematisch, da es hier auf kleinste Nuancen ankommt, die von den Programmen oft nicht erkannt werden. Dies ist bei doppelten Verneinungen häufig der Fall. Auch Schachtelsätze machen diesen Tools regelmässig grosse Probleme. Daher kann es durchaus passieren, dass unbemerkt im Ergebnis das glatte Gegenteil dessen steht, was im Ausgangstext stand.

Das Gesagte gilt insbesondere für frei im Netz verfügbare Angebote, deren Programme anhand vieler, oft heterogener, Texte trainiert werden. Auch das Problem des Datenschutzes stellt sich hier. Denn diese Angebote speichern den jeweiligen Input auf ihren Servern zumindest temporär ab. Etwas besser können Programme abschneiden, die spezifisch für eine bestimmte Textsorte trainiert werden.

Wird zudem bei der Abfassung der Ausgangstexte schon auf die Übersetzbarkeit geachtet, kann auch das den Output der Programme verbessern. Beides erfordert jedoch einen hohen Aufwand, der sich nicht immer rechnet. Maschinelles Übersetzen kann daher eine schnelle Alternative sein, ist aber, zumindest derzeit, entweder unzuverlässig oder teuer – oder beides.

Fazit

Professionelle Fachübersetzungen im Bereich Recht setzen neben sprachlichem Wissen und exzellenten Recherchefähigkeiten ein hohes Mass an juristischer Expertise und rechtsvergleichendem Können voraus. Juristische Übersetzungen sind selbst oft das Ergebnis juristischer Überlegungen. Daher sollte bei der Auswahl der entsprechenden Übersetzungsagentur besonders auf den juristischen Sachverstand der Übersetzerinnen und Übersetzer geachtet werden. Maschinelle Übersetzungen sind in diesem Bereich mit äusserster Vorsicht zu verwenden. Erstens bestehen hier erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken und zweitens sind Maschinen, die nicht auf den Fachbereich trainiert wurden, von der Komplexität der juristischen Fachsprache oft überfordert.

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