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Was macht ein Computerlinguist?

Technologie und Linguistik sind zwei Branchen, die in den letzten Jahren eng verschmolzen sind – und heute als kombinierte Disziplin erlernt werden können. Denn um die sich ständig wandelnden Anforderungen zu erfüllen, braucht es qualifizierte Fachpersonen: Expertinnen und Experten, die sowohl auf sprachlicher wie auch auf technologischer Ebene neue Innovationen und Lösungen vorantreiben.

Eine von ihnen ist Alla Stöckli. Die ausgebildete Linguistin und Sprachlehrerin hat 2021 an der Universität Zürich ihren Master in Multilingualer Textanalyse (MLTA) / Computerlinguistik absolviert.

Heute arbeitet sie als Solutions Architect bei SwissGlobal ­– was das genau beinhaltet, erklärt sie uns gleich selbst.

Alla, du arbeitest heute als «Solutions Architect» im Bereich Computerlinguistik. Was bedeutet dieser Begriff in deinen eigenen Worten und womit beschäftigen sich Computerlinguisten?

Computerlinguistik ist ein sehr vielfältiges Feld mit zahlreichen Möglichkeiten. Im Wesentlichen ist ein Computerlinguist jemand, der an der Schnittstelle zwischen Technologie und Linguistik arbeitet und Technologie zur Verarbeitung natürlicher Sprache einsetzt.

In der Praxis kann dies viele verschiedene Aufgaben und Tätigkeiten umfassen. Innerhalb des Natural Language Processing (NLP) gibt es eine Vielzahl von Bereichen: maschinelle Übersetzung (z. B. Google Translate und DeepL), Spracherkennung und -produktion (z. B. Sprachassistenten wie Siri und Alexa). Computerlinguisten sind an solchen Projekten beteiligt, um das Verständnis der natürlichen menschlichen Sprache für die Maschine zu erleichtern.

Vor nur gerade 10 Jahren stand dieser Aufgabenbereich noch in Kinderschuhen. Wo stehen wir heute?

Heutzutage wird alles Mögliche in unserem alltäglichen Leben automatisiert. Obwohl die Konzepte der Sprachverarbeitung nicht neu sind, haben die technologischen Fortschritte der letzten Jahre, wie beispielsweise Deep Learning, einen immensen Einfluss auf die Entwicklung von NLP gehabt. Diese Entwicklung hat vieles im NLP-Bereich ermöglicht und ihn zu einem sehr attraktiven Arbeitsfeld gemacht.

Der Sprach- und Technologiesektor entwickelt sich in rasantem Tempo ständig weiter. Man könnte sich fragen, wie man so während eines Studiums Fähigkeiten erlernt, die bei Beendung der Ausbildung noch relevant sind. Was sind hierzu deine Gedanken? 

Meiner Erfahrung nach lässt sich alles, was man während des Studiums lernt, in der Praxis anwenden. Die im Studium erworbenen Fähigkeiten bleiben immer aktuell, nur ihre Anwendung ändert sich ein wenig.

Auch wenn bestimmte Themen oder Tools «veralten», dienen sie doch meist als Grundlage für Neues. Wichtig ist, am Ball zu bleiben, was die neuen Entwicklungen angeht, und nicht in alten Denkmustern stecken zu bleiben.

Du selbst kommst ursprünglich aus dem Linguistik-Bereich und bist dann in den Technologiesektor eingetaucht. Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen, wenn man im Bereich Computerlinguistik arbeiten will?

Es hängt davon ab, in welchem Bereich der NLP man arbeiten möchte. Je nachdem kann Computerlinguistik mehr oder weniger Technologie mit sich bringen. Aber grundsätzlich finde ich die folgenden Punkte am wichtigsten:

  • Ein tiefes Verständnis der Sprache. Systeme sind sehr sprachspezifisch. Es gibt keine «one-size-fits-all»-Lösung, und gäbe es doch eine, wäre sie nicht wirklich gut. Leidenschaft für Sprache und das Verständnis derselben sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Arbeit im Bereich NLP. Je nach Bereich kann es sich um vertiefte Kenntnisse in bestimmten Disziplinen handeln. So erfordern z. B. Sprachverarbeitung und -produktion ein tieferes Verständnis des phonologischen Systems einer Sprache.
  • Programmierung. Die beliebteste Programmiersprache für NLP ist Python. Sie verfügt über viele nützliche Bibliotheken, die für die Sprachverarbeitung verwendet werden.
  • Analytisches und lösungsorientiertes Denken. Eine analytische Denkweise hilft definitiv dabei, sprachliche Konzepte aufzuschlüsseln und sie so zu organisieren, dass sie für eine Maschine verständlicher sind. Lösungsorientierung ist ein weiterer wichtiger Aspekt, denn die Arbeit mit Maschinen und die Entwicklung von Modellen sind meist mit einem gewissen Mass an Frustration und Misserfolg verbunden. Um Probleme zu überwinden, muss man lösungsorientiert denken.
  • Die Bereitschaft, Neues zu lernen. Wie bereits erwähnt, bleibt der Fortschritt nicht stehen. Das Gleiche sollte auch für die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Computerlinguisten gelten.

Hast du Prognosen für den Bereich Computerlinguistik? Welche Trends und Bedürfnisse gibt es? Welche Skills werden zukünftig gebraucht?

Die Welt wartet ständig mit neuen Technologien auf, so dass man den Überblick verlieren kann. Deshalb werden künftig Menschen gebraucht, die über Fachwissen im Bereich der Technologie verfügen und wissen, wie sie dieses in die Geschäftsprozesse einbinden können, um einen Mehrwert zu generieren. Solutions Architects und Digital Transformation Enablers sind diejenigen, die wissen, wie man den Wert von Tools, Apps und Modellen maximal ausschöpft. Der Bedarf an solchen Spezialisten wird meiner Meinung nach zunehmen, auch im Bereich NLP.

Was die Entwicklungen im Bereich der Computerlinguistik betrifft, gibt es erfreuliche Tendenzen. NLP-Ressourcen werden zunehmend zugänglicher und die NLP-Welt selber solidarischer, da verschiedene Unternehmen ihre Algorithmen/Modelle/Software als Open Source zur Verfügung stellen. Ausserdem fliessen viele Ressourcen in die Digitalisierung der so genannten «low-resource languages», für die nicht so viele Trainingsdaten zur Verfügung stehen. Dies gilt zum Beispiel auch für die schweizerdeutschen Dialekte. Hoffentlich werden wir bald einige Fortschritte in diesem Bereich sehen.


Alla Stöckli ist seit 2014 als Übersetzerin und Sprachlehrerin tätig. Sie hat ihr Masterstudium in mehrsprachiger Textanalyse an der Universität Zürich absolviert. Wer sich für eine Karriere im Bereich Computerlinguistik interessiert, findet hier mehr Informationen.